Das S4-Medienprofil begleitete das große Theaterfestival am MCG aus journalistischer Sicht. Oberstufenschülerin Naomi Denis (S4) schildert im Rahmen einer Reportage, die im Seminarfach entstanden ist, ihre Eindrücke als Akteurin und gibt exklusive Einblicke hinter die Kulissen.
“Sick dich!”
Die Lichter flackern. Das Gemurmel der Menge erfüllt den Raum. Eine Mischung aus Vorfreude und Aufregung liegt in der Luft. Es ist der Abend des gemeinsamen Theaterfestivals "Sick! Danke, es geht mir gut" des Matthias-Claudius-Gymnasiums und des Charlotte-Paulsen-Gymnasiums. Die Bühne ist bereit, eine Vielzahl von Emotionen und Geschichten zum Leben zu erwecken. Für einen Abend verwandelt sich das MCG in ein künstlerisch-begeistertes Krankenhaus mit verschiedenen Bereichen.
Die Atmosphäre ist elektrisch, als die Zuschauer durch die beleuchteten Schaufenster der "Notaufnahme" streifen. Menschliche Statuen ziehen alle Blicke auf sich. Eine lebendige Schaufensterpuppe erwähnt vor Beginn des Fests die Ähnlichkeit mit dem Rotlichtviertel aus Amsterdam und tatsächlich scheint hier eine Welt voller versteckter Abgründe und Geheimnisse zu existieren.
Die rote Farbe, so intensiv und hypnotisierend, lässt die Besucher in eine Welt eintauchen, die gleichzeitig faszinierend und beunruhigend ist.
Hinter den Kulissen des “Labors” pulsiert das Leben. Der Theaterkurs von Herrn Dr. Wegemund kämpft gegen die Uhr, um das Stück "WoySICK!" für die große Premiere vorzubereiten. Als Mitglied des Theaterkurses sind wir von früh bis spät mit Proben beschäftigt, um das Publikum mit unserer Interpretation von Georg Büchners berühmtem Werk zu beeindrucken. In den Fluren der Schule und in improvisierten Proberäumen wird an den letzten Details gefeilt, während der Regen gegen die Fenster prasselt und die Nervosität und Aufregung immer weiter wächst.
“Jeder weiß, dass wir keine richtigen Schauspieler sind. Wir sind nur ein Theaterkurs, der darstellendes Spiel macht. Wir wissen, dass Aleks auf der Bühne immer noch Aleks ist und das wissen seine Freunde und Lehrer auch. Doch das Ziel ist hier auch gar nicht der größte Schauspieler zu sein, sondern dem Publikum zu zeigen, dass wir da eine Idee hatten in der viel Kreativität und Mühe steckt und diese möchten wir ihnen gerne vorstellen.”
Diese ermutigenden Worte von Herrn Wegemund motivieren die Schüler umso mehr. Jeder im Theaterkurs ist entschlossen, das Beste zu geben. Als wir uns kurz vor der Aufführung im Kreis für einen Schlachtruf versammeln, spüren wir die Gemeinschaft und den Zusammenhalt, die uns als Team stark macht.
Alle Darsteller gehen auf ihre Position. Der Raum füllt sich langsam mit begeisterten Zuschauern, die gespannt darauf warten, was sie erwartet. Die Stehplätze für das Publikum sind schnell belegt. Die Menschen stehen gedrängt, wie in einem überfüllten Zug während der Rushhour und ich spüre, wie die Luft im Raum mit jedem Atemzug erstickender wird.
Das Stück "WoySICK!" thematisiert Krankheit, mentale Gesundheit, Macht und Armut auf eindringliche Weise. Mit postdramatischen Elementen und modernen Interpretationen des Dramenfragments ziehen die Schauspieler das Publikum in ihren Bann. Besonders beeindruckend sind die Szenen, die im Gedächtnis bleiben - wie die surreale Szene, in der Woyzeck in einen Eimer uriniert, oder die letzte Szene, in der Maries Leiche von vielen Gaffern gefilmt wird.
Ein Feuerwerk aus Jubel bricht los wie eine Explosion der Freude, als die Lichter verlöschen und wir uns vor dem Publikum verbeugen. Die Erleichterung in unseren Herzen ist unbeschreiblich, als wir spüren, dass wir etwas Besonderes geschaffen haben. Doch die wahre Anerkennung gebührt auch Herrn Wegemund, der uns auf diesem Weg begleitet und unterstützt hat. Mit einem Strauß schöner herbstklingenden Blumen zeigen wir unsere Dankbarkeit für sein Vertrauen und seine Führung.
Für mich ist der Abend noch lange nicht vorbei. Zusammen mit meinem Projektpartner Tom präsentieren wir direkt im Anschluss unseren Kurzfilm "Das Porträt der alten Moorbäuerin". Dieser wirft einen kritischen Blick auf die Schönheitsideale unserer Gesellschaft. In einer Welt, die von fehlerhaften Bildern, idealisierten Körpern und unerreichbaren Schönheitsstandards geprägt ist, offenbart unser Film die düstere Realität hinter der Fassade der Perfektion.
Wie ein Spiegel reflektiert er die schleichende Gefahr, die in der obsessiven Verfolgung unrealistischer Schönheitsideale liegt und durchleuchtet die Essstörungen als bedrückende Schatten, die sich oft im Stillen entfalten.
Ein Meer von Menschen drängt sich im Raum und ich entdecke viele bekannte Gesichter. Die Wärme ist erstickend, als ob wir von unsichtbaren Flammen umgeben wären, die uns langsam zu verschlingen drohen. Es ist ruhig und alle Blicke sind plötzlich nur auf Tom und mich gerichtet. Die Nervosität verlässt meinen Körper, als ich meine Freunde im Publikum sehe und ich war stolz auf mich und Tom, diesen Film vorzustellen.
Reporterin Naomi Denis (S4-Medienprofil) in ihrem Kurzfilm "Das Porträt der alten Moorbäuerin".
Während des Screenings verfolge ich die fokussierten Augen der Zuschauer. Jeder ist voll und ganz in den Film vertieft, als ob er darin versinkt. Es ist mucksmäuschenstill, nur die Musik aus unserem Werk durchdringt den Raum und hinterlässt eine Spur von Melancholie und Nachdenklichkeit. Als der Abspann über die Leinwand flimmert, ertönt ein enthusiastischer Applaus - wie der Klang einer mächtigen Welle. “Super Film”, entgegnet mir eine Lehrerin. Ein Mitschüler kommt nach dem Screening zu Tom und mir und äußert sich begeistert über unseren Film. Jetzt kann ich erstmal ausatmen. An alles, was ich denken kann, ist frische Luft.
Das Festival hält ein abwechslungsreiches Angebot bereit: Neben Modenschauen erwarten die Besucher weitere Kurzfilme, verschiedene “sicke” Theaterstücke und eine bunte Auswahl an musikalischen Darbietungen.
Den Abschluss des Theaterfestivals der Oberstufe bilden Musikdarbietungen, die die Nacht mit lebendigen Klängen und mitreißenden Rhythmen erfüllen. Die Schülerband "Aerglo", angeführt von Kyria (Gesang), Timo (Gitarre), Finja (Keyboard), Amelie (Saxophon), Daniel (Bass) und Carl (Schlagzeug), versetzt die Besucher in der "Gemeinschaftspraxis" in Ekstase. Die Band transformiert die Pausenhalle mit bekannten Hits in ein schillerndes Farbenmeer, während eine Palette von Lila- und Blautönen eine geheimnisvolle Aura erzeugt, die von einem Nebel umhüllt wird. Sie bezaubern die Zuschauer mit einem selbstgeschriebenen Song des Gitarristen Timo und der Pianistin Finja. Ein Lied namens “Autumn Love”, das einen sofort in eine warme Stimmung versetzt, wie ein Spaziergang durch den Park an einem Herbsttag. Ich spüre förmlich die goldbraunen und roten Blätter, die auf dem Boden liegen und verweilen.
Ich stehe in der ersten Reihe und lausche den wunderschönen Tönen der Sängerin. Der Bassist und der Gitarrist spielen auf ihren leuchtenden Instrumenten. Der Nebel legt sich wie ein Schleier über die Bühne. Es wird zunehmend schwieriger, das ganze Spektakel zu sehen, aber in diesem Moment dreht sich alles um die Musik und den Klang. Die Besucher fordern die Zugabe. Mit Brazil von Declan McKenna beendet die Band ihr Konzert. Der Song katapultiert mich zurück in den Sommer, aber bis es so weit ist, gehen alle nach Hause, inspiriert von einer Welt voller Kunst.