Bischöfin Kirsten Fehrs und Schulsenator Ties Rabe diskutierten an Matthias Claudius´ 200. Todestag mit 20 Schülerinnen und Schülern der MCG-Medienprofil-Kurse über die Vorbildfunktion und Aktualität des Namensgebers unserer Schule. Die besondere Gesprächsrunde begann mit Präsentationen der künftigen Abiturienten. Eine Neuauflage des „Wandsbecker Bothen“ und der Kurzfilm „Matthias mitten im Leben“ bildeten einen gelungenen Auftakt für die 60-minütige Debatte.
Im Gespräch ging es um die Vorbilder der Schülerinnen und Schüler: „Ich habe meine Familienmitglieder“, antwortete S4-Schülerin Merle spontan. „Gerade im Medienprofil wissen wir, dass Stars und Sternchen oft nur inszeniert werden“, fügte sie hinzu. „Und wie sieht es mit der Vorbildfunktion von Matthias Claudius aus?“, wollten die Schüler von der Bischöfin wissen. „Für mich sind Menschen Vorbilder, die in Krisensituationen gradlinig sind. Ich bewundere an Matthias Claudius seine Fähigkeit, bei sich selbst zu bleiben“, sagte Fehrs.
Der Schulsenator betrachtete den Begriff „Vorbild“ mit ambivalenten Gefühlen: „Wenn man ganz genau hinsieht, stellt man fest: Das sind alles nur Menschen und sie haben auch ihre Schwächen“, so Rabe. S4-Schüler Tim, der dem Senator im Stuhlkreis gegenüber saß, vertrat eine ähnliche Meinung: „Wir sind in einem Alter, in dem wir Vorbilder kritisch hinterfragen müssen. Bei Matthias Claudius ist das genauso“. Passend dazu diskutierten die Teilnehmer, ausgehend von Claudius´ „Kriegslied“, seinen Umgang mit Tod und Trauer. „Das Gedicht trifft eine Seelensprache. Es berührt und hat etwas Friedliches“, sagte Fehrs und fügte hinzu: „Er hat ein Sprachbild entwickelt, das eine ganz besondere Intensität vermittelt.“ Auch der Schulsenator betonte die Bedeutung des Textes. Allerdings beinhalte Claudius´ Moral häufig, dass man die Dinge so akzeptieren solle, wie sie sind. „Füge dich deinem Schicksal – das stört mich etwas“, machte er mit Blick auf die Herausforderungen in unserer Gesellschaft deutlich.
Damit traf er auch bei S1-Schülerin Nina den Ton: „Gerade wir müssen uns in der Verantwortung sehen, nicht nur unser eigenes Leben im Blick zu haben.“ Einigkeit herrschte darüber, dass Matthias Claudius auch heute noch für Toleranz und das Besinnen auf sich selbst steht. „Wir können von ihm lernen, über Grenzen hinaus zu denken, uns selbst zu erweitern und die Sicht eines anderen Menschen zu akzeptieren und auszuhalten“, betonte Fehrs angesichts aktueller PEGIDA-Demonstrationen. Zudem bezeichnete sie Claudius als „Meister der Entschleunigung“. „Das Leben ist im Laufe der Zeit so schnell geworden, dass ich schon irgendwo angekommen bin, aber meine Seele noch etwas Zeit braucht“, so die Bischöfin.
Ihr Resümee zum Dialog mit den Schülerinnen und Schülern fiel ausgesprochen positiv aus: „Es war eine wunderbare Begegnung“. Auch Ties Rabe zeigte sich beeindruckt von der intensiven Auseinandersetzung mit Matthias Claudius und der Diskussionskultur am MCG. Den passenden Abschluss bildete ein Gang zu Claudius´ Grab, wo die Bischöfin und der Senator gemeinsam mit Pastor Richard Hölck zwei Linden pflanzten und im Gedenken an Wandsbeks bekanntesten Dichter einen Kranz niederlegten.